19.1.05

WEHRGERECHTIGKEIT

Wie das BVerwG heute entschieden hat, verstößt die Einberufungspraxis der Bundeswehr nicht gegen das Gebot der Wehrgerechtigkeit.

Zwar war die Einberufungspraxis der Wehrersatzbehörden zum Zeitpunkt der Heranziehung des Klägers objektiv rechtswidrig, weil eine große Anzahl Wehrpflichtiger ohne gesetzliche Grundlage nur aufgrund von Verwaltungsanordnungen – sog. administrativen Wehrdienstausnahmen – nicht zum Wehrdienst herangezogen wurde.

Allein die mangelnde gesetzliche Verankerung der Wehrdienstausnahmen begründet den Vorwurf der Willkür nicht. Auch sonst ist für eine Willkürentscheidung zu Lasten des Klägers nichts ersichtlich.

Die Wehrgerechtigkeit verlangt zwar nicht, dass stets mindestens ein bestimmter Prozentsatz aller Angehörigen der zur Heranziehung anstehenden männlichen Geburtsjahrgänge tatsächlich zum Wehrdienst herangezogen wird, wohl aber eine weitgehende Ausschöpfung der Zahl der aufgrund der Regelungen des Wehrpflichtgesetzes einberufbaren Wehrpflichtigen nach Geburtsjahrgängen. Vermindert sich der Bedarf der Bundeswehr an Wehrpflichtigen, kann dies dazu führen, dass sich zwischen der Zahl der für die Bundeswehr verfügbaren und der tatsächlich einberufenen Wehrpflichtigen eine Lücke auftut, die mit dem Grundsatz der Wehrgerechtigkeit nicht mehr vereinbar ist.

Unter solchen Voraussetzungen muss der Gesetzgeber reagieren, um durch eine Neuregelung der Verfügbarkeitskriterien oder auf andere Weise für verfassungsgemäße Zustände zu sorgen.

Mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Zivildienstgesetzes und anderer Vorschriften vom 27. September 2004 (BGBl I S. 2358) Rechnung getragen, das am 1. Oktober 2004 in Kraft getreten ist, wurde die regelmäßige Höchstaltersgrenze für die Heranziehung zum Wehrdienst abgesenkt. Die Zahl der verfügbaren Wehrpflichtigen ist damit so gefallen, dass ein Verstoß gegen die Wehrgerechtigkeit infolge mangelhafter Ausschöpfung nicht mehr in Betracht kommt.

Bundesverwaltungsgericht 6 C 9.04 – Urteil vom 19. Januar 2005

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