9.3.05

Muschg

Der arbeitsrechtlich interessierte Jurist stolpert des öfteren über Nachrichten zu Adolf Muschg. So verfolgt man, eher unfreiwillig, sein Leben in der Öffentlichkeit. Seine letzte in Form eines offenen Briefes an Erwin Teufel ist allerdings tatsächlich auch juristisch von Interesse. Für weder arbeitsrechtlich noch kulturell Interessierte, sei kurz erklärt. Adolf Muschg leitet die Berliner Akademie der Künste, eine ursprünglich als Körperschaft der Länder Berlin und Brandenburg geführte Einrichtung. Der Bund und die Länder einigten sich auf einen Wechsel der Trägerschaft, um den Berliner Landeshaushalt zu Gunsten der neu errichteten Berliner Opernstiftung mit den drei Opernhäusern um 22 Millionen Euro jährlich zu entlasten. Neben der Akademie der Künste leben noch zahlreiche anderen Kultureinrichtungen Berlins von Bundesmitteln, wie das Deutsche Historische Museum, das Haus der Kulturen der Welt oder die Berlinale. Alles in allem fließen für Kulturelles rund 400 Millionen Euro vom Bund in die Hauptstadt.

Schon im Gesetzgebungsverfahren zur Überleitung der Akademie der Künste rügte der Bundesrat die Zuständigkeit des Bundes . Über die Begründung der Bundesregierung für Bundeskompetenz kann man dabei durchaus geteilter Meinung sein.

"Die Akademie sei ein Beispiel für hauptstädtische Kultureinrichtungen, die in der Vergangenheit von politisch unterschiedlich getragenen Bundesregierungen jeweils mit der Zustimmung der Länder als rechtlich selbstständige Bundeseinrichtungen geschaffen worden seien. Dazu zählten die Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, die Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in der früheren Bundeshauptstadt Bonn, das Deutsche Historische Museum und die Stiftung Jüdisches Museum Berlin. Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes folge außerdem daraus, dass es sich bei der Akademie der Künste um eine Einrichtung handele, die von der Bundeshauptstadt Berlin ausgehend ihre Wirksamkeit auf das ganze Land ausstrahlt und die auch aus ihrer über 300-jährigen Tradition heraus "wie kaum eine andere nationale Institution im Ausland als herausragende Repräsentanz deutscher Kultur wahrgenommen wird"." (Deutscher Bundestag)

Letztlich wurde der Einspruch des Bundesrats allerdings im Bundestag überstimmt. Erwin Teufel will dies allerdings nicht einfach hinnehmen. "Die Bundesregierung maßt sich kulturelle Handlungsfähigkeit an und will damit vor allem allgemeinpolitische Aufmerksamkeit gewinnen." Und so will er die "fortgesetzten verfassungswidrigen Übergriffe des Bundes" in die Gesetzgebungskompetenz der Länder nicht länger hinnehmen und prüft derzeit eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht.

Im durchaus wahrscheinlichen Erfolgsfall bleibt allerdings völlig offen, was mit der Berliner Akademie der Künste geschehen wird. Schwer vorstellbar erscheint, dass sich beim Land berlin völlig unerwartet neue Finanzierungsmöglichkeiten auftun. Adolf Muschg formuliert in seinem offenen Brief sehr drastisch, die Akademie drohe "in ein scharzes Loch der Niemandszuständigkeit" zu stürzen und fühlt sich als "Spielball verfassungsrechtlicher Auseinandersetzungen." Im fernen Stuttgart fällt es einfach, die Frage auf diese Ebene zu reduzieren.

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